Eigentlich verfasse ich gerade einen Blogeintrag zum Thema: „an average day in my indian life“. Doch die Worte muss ich mir mit viel Anstrengung zur Nase heraus ziehen. Denn hier überschlagen sich die Ereignisse. Jede Stunde ereilt uns wieder schlimme Kunde aus Chennai. Seit einem Monat hat die Sonne nur vereinzelt durch die dicke Wolkenschicht gedrückt. Meist siegten die Regenwolken über die wärmenden Sonnenstrahlen. Zu Beginn freuten sich alle über das frische und lebenspendende Nass. Doch irgendwann ist es des Guten zu viel. Chennai, eine Stadt mit mehreren Millionen Einwohnern, steht fast komplett unter Wasser und ein Ende des Regens ist noch nicht in Sicht. Viele meiner Freunde haben Verwandte oder Familie in Chennai und besuchen diese normalerweise häufig. Zurzeit sind aber alle Zufahrtsstrassen in die Stadt überschwemmt und blockiert. Dies schränkt nicht nur die Besuche ein, sondern auch den Transport der dringend benötigten Lebensmitteln, Medikamenten und vor allem von frischem sauberem Trinkwasser. Madhan und sein Team organisieren Hilfeleistungen von hier aus. Unter anderem versuchen sie die Behörden zu motivieren mitzuhelfen. Das Team der Mobile Clinic hat die Koffer gepackt und ist bereit um sofort los zu fahren.

Über Facebook kriege ich mit, wie die lokale Bevölkerung sich in Chennai organisiert. Wer eine noch funktionierende Küche besitzt kocht so viel Reis wie möglich, um all die hungrigen Menschen zu verkosten. Jede freie Bodenfläche wird in der Nacht mit Fremden geteilt. Das einzig Gute an dieser Katastrophe ist, dass alle mit anpacken und helfen. Alle Handwerker sind gratis unterwegs. Reparieren Mopeds, undichte Dächer und versuchen die Toiletten zu entstopfen. Nur die Regierung hält sich mit Hilfeleistung bisher zurück. Diese befürchtet nun Gerüchte und beginnt das Internet einzuschränken. Nur leider wird die ganze Hilfe der tausenden von Freiwilligen via Facebook, Twitter und Whatsapp organisiert.

Ich bin der ganzen Situation etwas hilflos ausgesetzt. Vor allem kann ich nicht helfen während Menschen in meiner Umgebung Hilfe brauchen. Auch hier hat der Regen das ganze Leben stillgelegt. Viele Kleidungsstücke bekommen dunkle Flecken. Dieser Zustand des Nichtstuns ist mir unangenehm. Ich kann nicht stundenlang einfach stillsitzen und nichts tun, nichts denken, nichts bewirken. Zum Glück geht es Madhan ähnlich und ich kann mich etwas mit ihm austauschen. Doch verständlicher Weise kann er sich nicht 24h mit mir beschäftigen und so verbringe ich viele Stunden mit dem Zuhören von Gesprächen in Tamil, bzw. mit Nichts tun.

Auch den Kindern im Heim wird es langsam langweilig. Die Hausaufgaben sind gemacht und Lust zu lernen haben sie natürlich nicht. Welches Kind hat das schon, ich kann sie verstehen. Doch so sind auch unsere Unterhaltungsthemen ziemlich erschöpft. Heute versuchte ich ein Puzzle mit ihnen zu machen, doch dafür hatten sie nicht die Nerven. Ich bin langsam am Ende mit meiner Kreativität. Falls jemand von euch eine gute Spielidee hat, die kein Material benötigt immer her damit.

Ich hoffe ihr versteht meine Blog so wie ich ihn auch meine. Ich bin nicht der geborene Autor, viel lieber teile ich meine Gedanken mündlich, kombiniert mit Gesten, Gefühlen und einem Gesicht. Da mir dies zurzeit verwehrt ist, versuche ich diese so treffend wie möglich niederzuschreiben. Doch seid nicht besorgt um mich. Mir geht es gut und auch wenn ich vieles nicht verstehe, Lachen ist universell und ansteckend. Und die Kinder lachen viel.