Ich habe euch bereits von den starken Regenfällen berichtet. Anfang Dezember rief Madhan über Facebook seine Freunde dazu auf, Nahrungsmittel und Kleider zu sammeln und für die Flutopfer zu spenden. In einer Weddinghall stapelten sich die Spenden innerhalb von wenigen Stunden zu hohen Türmen auf. Wir waren alle überrascht von der Grosszügigkeit der Bevölkerung von Tiruvannamalai. Kistenweise Kekse und Brote, sowie tausende Wasserflaschen und viele Säck voll trockner Kleidungstücke verluden wir am Mittag des 3ten Dezembers in unsere Fahrzeuge. Die Arztpraxis in der Mobile Clinic glich einem Lagerraum. Ein Konvoi bestehend aus einem Jeep, einem Van und der Medical Clinic machte sich gegen 14:00 Uhr auf den Weg an die Küste, ins überflutete Krisengebiet.

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Die heftigen Niederschläge hatten die Strassen vielerorts ausgeschwemmt, sodass die unzähligen Schlaglöcher unseren Fahrern und Fahrzeugen alles abverlangten. Für die gut 150km benötigten wir mehr als 6h. Wir erreichten die Küste als es schon stock finster war. In einem kleinen Dorf ausserhalb von Cuddalore trafen wir uns mit einem Hilfekoordinator, welcher hier wohnhaft ist. Dieser führte uns zum Sekundarschulhaus, in welchem wir unser Hauptquartier einrichteten. Bis wir alle Hilfsgüter in ein Klassenzimmer gebracht und sortiert hatten, verging fast eine Stunde. Wir freuten uns auf eine gute Mahlzeit. Ein Teammittglied fuhr dafür zum nächsten Hotel (die Inder verwechseln Hotel mit Restaurant 😛 ) und kaufte Lunchpakete für uns alle. Vor dem zu Bett gehen, besprachen wir das Vorgehen für den nächsten Tag und verteilten die Jobs.

Leider stellte sich unser lokaler Führer als uninformiert und inkompetent heraus. Somit war auch unsere Besprechung am Vorabend unnütz und wir mussten uns zuerst selber über die Situation informieren. Dieses Informationsbeschaffen zog sich über den ganzen Tag hin und wir verbrachten die meiste Zeit mit warten. Es stellte sich als viel schwieriger heraus als erwartet, die betroffenen Dörfer zu finden. Da Jedermann/frau Kekse und gratis Essen mag, hat uns fast jeder gesagt, dass er Hilfe benötigt. Nur wenige Leute haben uns zu den überfluteten und ausgewaschenen Dörfern geführt. Am Abend fanden wir eine Region die immer wieder komplett von der Aussenwelt abgeschnitten wird. Doch diese Dörfer haben sich selber organisiert und einen Nahrungsmittelvorrat angelegt. Nur ein Dorf in diesem Gebiet wird Einzel abgetrennt. Dort verteilten wir jedem Bewohner ein Hilfspaket und betreuten sie medizinisch. Doch das Dorf hat nicht nur kurzfristige Probleme, sondern die ganze Infrastruktur hat während der Regenzeit gelitten. Auch fehlt diesem Dorf eine Latrine. Dazu später mehr.

Ab in die Fluten

Unser Team umfasste 18 Personen. Nur eine Person ist in Tiruvannamalai geblieben, um die neuen Hilfsgüter zu sortieren. Doch wir wurden mit Spenden überschwemmt und der arme Helfer wurde vom Fieber geplagt. So entschieden wir uns, dass sieben Personen wieder zurückkehren und das nächste Hilfspaket schnüren. Auch ich schloss mich dieser Gruppe an, denn ohne Tamil ist es wirklich sehr schwierig effizient zu helfen. Auch wenn dies für Inder nicht so wichtig ist, für mich spielt Effizienz eine grosse Rolle. Dank dem Sonnenschein in Tiruvannamalai konnte die AVS wieder ihren Betrieb aufnehmen und ich hatte somit auch dort etwas zu tun.

Jeden Tag kamen wieder Kistenweise Material zusammen, welches wir an der Küste verteilten. Wir hatten schon am ersten Tag unser Hauptquartier aufgegeben und waren nun viel mobiler. Auch das Dorf Vediyappanur sammelte Geld und kaufte damit Kekse. Dies freute mich sehr. Doch nicht nur die einfache Bevölkerung unterstützte uns sondern auch einige reiche Industrielle sprangen über ihren Schatten und nahmen mit Madhan Kontakt auf. Ein Besitzer einer Baufirma konnten wir überzeugen für das zuvor erwähnte Dorf fünf Toiletten zu bauen. Zu Beginn wollte er uns Geld spenden, denn so hätte er dies von seinen Steuern abziehen können. Doch Madhan konnte ihm aufzeigen, dass nur mit seinem Know-How und seinen Kontakten das Toilettenprojekt rasch und effizient bewerkstelligt werden kann. Ich hoffe nun, dass diese Kontakte langfristig aufrechterhalten werden können.