Zu aller erst: Fröhliche Weihnachten und ein gutes neues Jahr! Dies wünsche ich euch nicht alleine, sondern fast die ganze Familie Trüb. Nur meinen Bruder, der zurzeit in Südamerika weilt, hat es nicht in den Indischen Süden verschlagen.

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Am Samstag, dem 12. Dezember 2015, ist meine Mutter bei mir eingetroffen. Mit ihrer Ankunft begannen die Weihnachtsvorbereitungen. Zusammen mit Patricia, einer Spenderin und „Mitarbeiterin“ aus den Vereinigten Staaten, machte sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Weihnachtsgeschenk für die 37 Mädchen. Bald war die Idee geboren, allen Puppen zu schenken. Nun musste noch eine passende gefunden werden. Plastikpuppen überleben Sand und Hitze nicht sonderlich lange. Deshalb fiel unsere Wahl auf Stoffpüppchen. Damit jedes Kind seine Puppe, die nicht in T-Shirt und Hose sondern in einen Sari gekleidet wird, aufbewahren kann, verpackten wir das Geschenk in einen weissen Stoffbeutel, der am 2ten Weihnachtstag dekoriert wurde.

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Doch was wäre Weihnachten ohne Christbaum. Dummerweise wachsen in Tamil Nadu keine Nadelbäume, die wir mit der Machete fällen und in einer Vase aufstellen könnten. Zum Glück hatte auch Papa Erfahrung mit dem Kreisbund (ein Cevi/Pfadi-Knoten) und an einem Nachmittag entstand ein baumähnliches Gebilde aus Bambus und Holz. Doch ein Baum wird nur zum Christbaum, wenn er mit viel Freude und noch viel mehr Material dekoriert wird. Aus Fischkleister, Papierschnipseln und Ballonen entstanden Weihnachtskugeln. Leider roch der Fisch zu stark und die Kreationen fielen in der Nacht dem Heisshunger der Hunde zum Opfer. In einem zweiten Anlauf, verzierten die Mädchen Kartonscheiben, Sterne und Engel mit Fischkleister und Seidenpapier. Zum Trocknen und um die bunten Kartons vor dem Hund zu schützen hängten wir diese unter dem Dach auf. Doch es wäre keine Weihnacht in Indien, wenn nicht kilometerweise Lichterketten angeschleppt würden. Ich wickelte jeden Ast in ein dichtes Netz von Lichtern ein, bevor die Dekorationen der Kinder die Konstruktion in einen fantastischen Weihnachtsbaum verwandelten. Jeder der den Baum zum ersten Mal, mit eingeschalteten Lichtergirlanden betrachtete, konnte seinen Mund kaum schliessen.

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Wie in der Schweiz begannen wir auch hier die Feierlichkeiten an Heilig Abend. Wir sassen alle gemeinsam um den Baum und Papa erzählte wie wir in der Schweiz, bzw. wie Familie Trüb, Weihnachten feiert. Auch weihte er sie in das Geheimnis der ersten Kerze ein. Bei uns ist es Tradition, dass wir nach der Weihnachts-Lasagne draussen die Engel suchen. Als letztes schlüpft dabei meist Papa aus der Türe, da er die erste Kerze angezündet hat. So haben Moira und ich in Indien das bestgehütete Familiengeheimnis erfahren. ???? Zur Weihnachtsfeier gehören auch Weihnachtslieder. Als Quartett gaben wir „Das isch de Stern vo Bethlehem“ zum Besten. Auch die Kinder sangen ein Lied auf Tamil. Zur Feier des Tages gab es zwei verschiedene Sorten Reis. Einmal scharf und einmal schärfer. Um das Essen zu verdauen, tanzten wir unter dem Lichtermeer zu tamilischer Partymusik.

Die grosse Feier war für den ersten Weihnachtstag angesetzt. Aus drei Hotels reisten Köche an, um uns mit einem Festmahl zu bekochen. Doch bevor wir uns die Ranzen vollschlugen, ertönte das einzigartige „HOHOHO“ des Santa Klaus von den Häuserdächern. Mit strahlenden Gesichtern nahmen die Kinder ihre Geschenkbeutel in Empfang. Auch wir erhielten Geschenke von Madhan und seiner Familie. Nun wurde das Buffet aufgetischt. Töpfe voll von Reis, Nudeln, Hühnchen und frittiertem Blumenkohl reihten sich aneinander. Das vielseitige Mahl wurde von einer süssen Nascherei wunderbar abgerundet. Bei den meisten konnte diese aber nicht viel weiter als bis nach dem Gurgeli hinunter rutschen, da der Magen vollgefüllt war.

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Da die mobile Bibliothek an diesem Tag auch noch ihr zweijähriges Bestehen zu feiern hatte, ging es mit einer Pooja (Zeremonie zur Segnung des Fahrzeuges) und anschliessendem Kuchenessen weiter.

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Eine Weile lang geschah dann nichts. Kurz vor dem Eindunkeln trafen noch die Schulleiterin und ihre Tochter ein, um uns allen schöne Weihnachten zu wünschen und den Baum zu bestaunen. Heute führten die Mädchen ihre Traditionellen Tänze auf. So kamen wir um eine nächste Tamilparty herum. Glücklich, müde und mit vollem Bauch gingen wir bald ins Bett.

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