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Children’s Village

Dieser Blog fällt mir besonders schwer, deshalb habe ich ihn auch bis zum Schluss unseres Aufenthaltes in Tiruvannamalai aufgespart. Seit dem 28 Februar ist das Kinderheim geschlossen!

Ich sass gerade an der Arbeit, als ich diese schreckliche Nachricht erhalten hatte. Sofort liefen mir die Tränen herunter. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie unvorstellbar traurig, schmerzhaft und Herz zerbrechend die Situation im Heim gewesen sein muss. Schuldzuweisung hilft nichts, trotzdem waren die unzähligen Forderungen, die der Staat täglich neu an das Kinderheim stellte irgendwann zu viel für Madhan und sein Team. Für jedes Mädchen wurde eine möglichst gute Anschlusslösung gesucht. Einige von ihnen kamen bei der Verwandtschaft unter, andere Besuchen nun ein College mit Hostel und nochmals einige wurden von den Familien der Lehrpersonen an der AVS aufgenommen. Wo immer möglich werden die Mädchen weiter bei ihrer Ausbildung unterstützt.

Hier einige Worte, welche ich leider nie mehr an diese wunderbaren Menschen richten kann:

« My dearest most Girls from SCV,

Since you were all part of my life’s greatest adventure, my thoughts often return to India. And when ever I am thinking of India, I will also think of stories I experienced together with you. Even before I knew I would never see you all again, those thoughts were filled with emotions, but mostly joy and happiness. Now those memories are even more present, since I know they won’t be nourished again. Sadly, they are joined by an incredibly sadness, an anger and lack of understanding. Why did this all happen? Why did we had to experience such horrible pain?

I know for from the bottom of my heart, that you all had a wonderful time together as a huge family, and that I am blessed to have been your Anna. I will try to wash away the pain and keep you in my heart the way I remember you all, As monkeys and dragons, as tigers and cuddle bears, as happy, cheerful, warm, honest, openminded and unconditionally loving girls. As a family with an incredible amount of energy, creativity and passion. Your enthusiasm was inspiring beyond imagination and your devotion unreached.

Even if I don’t remember all your wonderful and poetic names, rest assured, every single one of you has stolen my heart. I will cherish those unforgettable memories from now on until eternity.

Love,

Matthias»

Aktuell wohnen einige Lehrerinnen im neusten Wohnhaus des ehemaligen Kinderheims und die grosse Spielwiese wird als Baumschule genutzt. So steht das Areal nicht ganz leer und wirkt nicht so trostlos. Trotzdem, die Kinder fehlen unglaublich und ein Besuch oder Volontariat hier wird nie mehr das selbe Erlebnis sein, wie ich es erleben durfte.

Und wieder ein Festival

Als wir der Küste Maharastras entlang radelten, wurden hunderte von Ganesha Statuen im Meer versenkt. Bei unserer Ankunft in Tiruvannamalai begann auch schon das nächste Festival. Während dem 9-Tägigen Dasara/Dussera/Navaratri Festival wird im ganzen Land der Sieg des Guten gegen das Böse gefeiert. Im heutigen übertragenen Sinne feiert man seine Arbeitswerkzeuge mit denen man Gutes tut. Dafür werden diese gereinigt und zusammen mit Früchten und Reispuffs zu einem Altar drapiert. Diesen errichtet man im sauber geputzten Haus, denn auch hier wird alles Böse entfernt/besiegt. Während des ganzen Festivals stehen in vielen Häusern treppenartige Podien auf welchen hunderte Figuren die Geschichten vom Kampf zwischen Gut und Böse erzählen. Auch im Children’s Village steht ein solches Podium. Jeden Abend wurde davor eine kleine Pooja (Zeremonie) gefeiert.

Dasara_01

Wir hatten die Ehre an vier Sarasvathi Poojas (die Reinigungszeremonie) teilzunehmen. Die Erste fand in der Schule statt. Jedes Zimmer wurde zuerst sauber gereinigt und danach festlich dekoriert. Jedes Fenster wurde mit dem Zeichen Shivas, drei weisse Striche und ein roter Punkt in der Mitte, gesegnet und vor jeder Türe wurde mit Kreide ein neues Rangali gezeichnet. Ganz wichtig ist auch das bespritzen von allem mit einem gelben Brei und einem roten Punkt. Diese Symbole werden inflatiös überall angebracht, Steckdose, Türrahmen, Ventilator, Velorahmen, -Pneu, -Licht und unzählige an den Autofenstern. Während der Vorbereitung für die Pooja erzählten die älteren Schüler Geschichten aus der Mythologie. Im Zimmer des Kindergartens wurde der Altar aufgebaut. Vor diesem Altar wurde ein heiliges Feuer entzündet, welches danach in jedes Zimmer getragen wurde, um alle bösen Geister zu vertreiben. Zuletzt wurden die Opfergaben unter allen Angestellten geteilt.

Dasara_02

Die nächste Pooja fand im Children’s Village statt. Die Mädchen standen um 05:00 Uhr auf, um jedes Zimmer sauber zu fegen. Auch alle Fahrräder, die noch von mir repariert werden müssen, wurden geputzt und dekoriert. Dann wurden alle Kinder vor den schön aufgereihten Fahrrändern versammelt, Lieder gesungen und das Zeremonie-Feuer entzündet. Zur Feier des Tages gab es süsses Gebäck für alle. Mit den älteren Mädchen (zwischen 14 und 19 Jahren alt) schwitzten wir durch die Mittagshitze vom Kinderdorf zum Bürogebäude. Hier sind auch unsere zwei Zimmer und auch hier muss geputzt werden. Voller Motivation und Tatendrang gingen die Mädels in meinem Zimmer ans Werk. Die Kleider wurden nach indischem System sortiert, die Schreiber, Festplatten und Kabel auf dem Pult schön drapiert und die Kuscheltiere ausgeschüttelt und arrangiert. Doch dann war warten angesagt, denn es mussten auch noch alle Motorräder und Autos geputzt werden und dabei konnten bzw. durften die Kinder nicht helfen. Es wurde schon dunkel als die Pooja begann. Zuerst wurde das Zeremonie-Feuer begleitet von Sprechgesängen entzündet und jedes Zimmer ausgeräuchert. Auch um jedes Fahrzeug wurde eine Runde gedreht. Dieselbe Prozedere durchlief man noch einmal mit einer Wassermelone, in der ein Zündwürfel steckte. Diese Melone wurde zum Abschluss der Zeremonie vor dem Eingangstor auf den Boden geschmettert, um all das Böse zu vertreiben. Die letzte und kleinste Sarasvathi Pooja fand wieder im Kinderdorf statt (erst am nächsten Tag). Dort wird zurzeit ein viertes Wohnhaus errichtet und die Bauarbeiter segneten ihr Werkzeug mit einer schönen kleinen Zeremonie. Wir Weisse waren als Spezialgäste geladen, was für eine Ehre.

Dasara_03

Das nächste grosse Festival findet im November statt. Für den Höhepunkt des Deepam Festivals werden in Tiruvannamalai über 3 Mio. Besucher erwartet. Die Stadt selber wird von je nach Quelle maximal 300’000 Einwohnern Heimat genannt. Zum Vergleich: die Streetparade in Zürich (auch 300‘000 Einwohner) feierte 2015 einen Besucherrekord von 1 Mio. Ravern.